Merkel in der Krise?

Tissy Bruns meinte heute (25.02.2009) in ihrem Kommentar des Berliner „Tagesspiegel“:

POLITIK UND FINANZCHAOS 
Merkel in der Krise

Auch wenn alle Welt nach wilden Taten ruft, bleibt Angela Merkel abwartend. Sie fährt in der Krise „auf Sicht“, doch man sieht ja nichts! Klar ist nur, dass ihr kühles Aussitzen nicht genug ist in einem Moment der großen Verunsicherung. Für die Bundesbürger schreit zum Himmel, dass die soziale Marktwirtschaft versagt hat. Darüber muss eine Regierungschefin reden.

(c) Wikipedia, Artikel „Angela Merkel“ (2008)

„Kohls Mädchen“ kennt die Klaviatur der Macht wie kaum eine andere Frau (oder ein Mann!) unserer Republik. Es ist gut, wenn eine gelernte Physikerin nicht zur hektischen politischen Geisterfahrt neigt. In den Banken – besonders den staatlich dominierten, die profitgeil ihr Kerngeschäft verließen! – waren schon allzu viele Falschfahrer unterwegs. Ein solches Verhalten muss die Politik – allen voran die Bundeskanzlerin – nicht nachahmen. Hintergründig Strippen ziehen und tragfähige Vereinbarungen mit Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Verbänden (man unterschätze gerade in Deutschland den Lobbyismus nicht!), aber auch innerhalb der EU erzielen (man erinnere sich z.B. an Lissabon und Heiligendamm; ach, schon vergessen?), ist ein Qualitätsmerkmal von Merkel.

Der Sommer mit seinem Kernwahlkampf eignet sich zudem viel besser für Volkskontakte. „Herzblut, Ängste, Ungewissheiten“ (T. Bruns) sind oft der Treibstoff für Populisten. Der Konsum verwöhnte und verführte Wähler in unserer Konsensdemokratie (die Große Koalition als ihr Abbild!) hat ein viel zu kurzes Gedächtnis für Grundsätzliches (z.B. Freiheit oder Gleichheit; bürgerliche Eigenverantwortlichkeit oder Zuteilungsstaat).

Pragmatismus kann nicht funktionieren, wo sechs Jahrzehnte kräftig Ideologie betrieben wurde.“, meint Tissy Bruns. – Altes (Lager-)Denken aus der Zeit des Kalten Krieges. Zumindest die junge Generation hat längst – fern aller Ideologie – den pragmatischen Gang durch ein mobil und global gewordenes Leben in der „Risikogesellschaft“ (Ulrich Beck) angetreten.

Die Soziale Marktwirtschaft hat keineswegs versagt! – Sie galt nur bei zinsgeilen Verbrauchern als Langeweiler. Natürlich ist bei finanziellen Verlusten immer der Anlageberater der Bank schuld, auf dessen Provision und Boni generierende Werbeversprechen und Verkaufsprophezeiungen man allzu gern vertraute. Endlich Mammon schaffen wie die Großen!?

 
(c) Bild: Bundesarchiv, in: Wikipedia, Artikel „Ludwig Erhard“, 1957 mit seinem Buch „Wohlstand für Alle“

Heinz Erhard (heute schon gelacht?) ist eben schneller zu verstehen als Ludwig Erhard (Mass halten!). – Und nun ist globaler Katzenjammer!

So wie Anleger wieder langweilige Sparkassen (ursprünglich kommunale Selbstfinanzierungsinstitute ohne Gewinnabsichten) und Genossenschaftsbanken („Volks“banken als einstige Selbstfinanzierungsinstitute von Bauern und Handwerkern) entdecken, kann nun auch die Soziale Marktwirtschaft mit ihren Zu-Mut-ungen an hellwache Bürger und Verbraucher wiederentdeckt werden.

Alfred Müller-Armack, der Urvater der „Soziale Marktwirtschaft“, entwickelte sein Konzept übrigens in der Abgeschiedenheit eines westmünsterländischen Klosters.

Krisen sind der Treibstoff für ein bewussteres Leben!

Die Fastenzeit bietet uns vielerlei Ansätze zur poltischen und wirtschaftlichen Be-Sinn-ung.
Lesen Sie doch mal Reinhard Marx: Das Kapital. Ein Plädoyer für den Menschen, (Pattloch) München 2008!

Allein schon die „Einleitung“, in der der Bischof Marx seinem historischen Namensvetter Karl Marx einen Brief schreibt, ist ein Lesegenuss.

T.N.

Kommentare

Über Thomas Nolte

64 Jahre alt, DE-47447 Moers Lehrer am Gymnasium Adolfinum in Moers Fächer: Katholische Religion und Sozialwissenschaften Besondere Interessengebiete: Open-Data; Wissensmanagement (Wikimedia)
Dieser Beitrag wurde unter bundeskanzlerin, fastenzeit, krise, leben, merkel, mut, risikogesellschaft, sinn, soziale-marktwirtschaft, sparkasse, tagesspiegel, volksbank veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar